Tränen der Freude
Meine Tochter Sarah tanzt seit drei Jahren im Jungen Ensemble vom Friedrichstadtpalast Berlin. Sie macht mich als Papa natürlich mächtig stolz. Nach der Premiere ihres ersten Stückes, bei dem sie mitspielen durfte, sagte sie mir hinterher: „Papa, du hast ja geweint!“ Das war im letzten Jahr.
Ich weiß nicht, ob sie meine Tränen der Freude und der Rührung wirklich von der Bühne sehen konnte, auch, wenn wir ziemlich weit vorne saßen. Aber es ist schon ein wahnsinniges Gefühl, eine Show zu sehen, die zwei Jahre harte Arbeit und hartes Training bedeutet hat.
Show
Jetzt stehen wir kurz vor der nächsten Show, die im November startet, und Sarah hat mich wieder stolz gemacht. Und wieder hat es mit dem Friedrichstadtpalast zu tun:
Unsere Gemeinde führt rund um Weihnachten immer ein groß angelegtes Musical auf. Meine Kinder und ich haben im vergangenen Jahr mitgespielt und wurden auch in diesem Jahr ausgewählt, mitmachen zu dürfen. Sarah hat eine große Sprech-Rolle in stolzen fünf Szenen angeboten bekommen.
Schwere Entscheidung
Aber der Preis ist hoch, denn die Proben finden immer an einem Tag statt, an dem sie eigentlich turnen ist (ja, ich weiß, sie ist wahnsinnig eingespannt). Das haben wir alle anfangs nicht übersehen. Also stand zur Wahl, dass sie beim Weihnachts-Musical „nur“ tanzt und keine Sprech-Rolle übernimmt oder bis Weihnachten aufs Turnen verzichten muss.
Letzteres hat zur Folge, dass sie mit großer Sicherheit in dieser Leistungsgruppe nicht weitermachen kann. Als Vater hat mir die Situation das Herz zerrissen. Sarah stand vor dieser wirklich furchtbaren Entscheidung wegen eines Kommunikationsfehlers, aber das änderte nichts an der Größe davon.
Entscheidung für Gott
Sarah kämpfte mit sich, weinte auch – und ich mit ihr. Dann stand ihr Entschluss fest: „Papa, ich will die Sprech-Rolle!“ Ich versuchte ihr noch einmal die Tragweite zu erklären, nämlich, dass es wahrscheinlich ist, dass sie dann nicht zurück in ihre Turngruppe kann und natürlich auch, wie sehr es mir als Papa wehtun würde, dass sie vor solch einer krassen Entscheidung stehen würde.
Ihre Antwort hat mich dann absolut umgehauen. Sie überlegte einen Moment und sagte dann ganz ruhig: „Papa, im Friedrichstadtpalast mache ich die Shows mit – einfach so, weil es Spaß macht. In der Gemeinde spiele ich aber für Gott! Gott hat mir mein Talent geschenkt, ich möchte es für Gott einsetzen!“
Schlaflose Nächte
Es folgte eine der Nächte, in denen ich mehr wach lag, als schlief. Gestern haben wir dann in der Gemeinde den Weg geebnet, dass sie (trotz einiger Überschneidungen mit den Aufführungen im Friedrichstadtpalast) ihre Rolle spielen kann – und ich konnte wieder besser schlafen.
Die Bibel sagt: „Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen“ (Kolosser 3, 23 LUT). Damit ist nicht unbedingt gemeint, dass wir eine Leidenschaft einmal für die Welt und einmal für Gott einsetzen sollen.
Danke, Sarah
Dennoch finde ich Sarahs Entscheidung enorm, dass sie sagt, dass sie den Friedrichstadtpalast ja als Hobby hat und deswegen ihre Begabung an anderer Stelle bewusst für Gott einsetzen will. Manchmal verstehe ich, warum Jesus sagt, wir müssten, wie die Kinder werden, damit wir das Reich Gottes erben könnten. Danke, Sarah!
Segen
Mein Gebet ist es, dass Gott aus der schmerzhaften Entscheidung etwas Gutes erwachsen lässt, dass der Segen, den Sarah anderen schenkt, nicht leer zurückkommt. Nach menschlichen Maßstäben weiß ich nicht, wie das funktionieren soll, aber bei Gott ist alles möglich.
Wo hast du Dinge im Leben, wo du sagst: Das mache ich ganz bewusst für Gott? Eigentlich sollte es ja alles sein, was wir tun? Wir werden uns diesen Aspekt morgen noch einmal anschauen.
Sei gesegnet!
„Glaube ist: darauf zu vertrauen, dass Gott die schlechten Entscheidungen, die andere für mich getroffen haben, zu meinem Besten gebrauchen wird“ (Pamela Reeve) – oder auch die blöden Situationen, in die ich gerate, wenn andere Fehler machen … 😀
Jürgen Ferrary für GottinBerlin
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